Die Geranie soll eine wichtige Rolle spielen
Für Avantgarde-Freaks oder auch nur hippe Zeitgenossen muss die Kunst Gabriela Oberkoflers eine beständige Provokation sein. Kindlich anmutende Buntstiftzeichnungen von Tieren, Pflanzen und dörflichen Architekturen, aus Obstkisten oder Altholz gefertigte Skulpturen, Performances mit allerlei Nutztieren, im Dirndl und am Akkordeon, handelnd und/oder jodelnd. Das scheint alles sehr weit weg von dem, was zeitgenössische Kunst auszeichnet. Überhaupt ereignen sich ja die Fortschritte der Kunst in den Metropolen dieser Welt. Neues entsteht im urbanen Raum und sicher nicht in einem kleinen Südtiroler Bergdorf. Aktuelle Kunst hat politisch (im günstigsten Fall: politisch korrekt) zu sein und die großen Themen der aktuellen Krisen zu thematisieren. So entsteht gesellschaftliche Relevanz – oder auch nicht. Bei Gabriela Oberkofler jedenfalls brannten die Ameisenhaufen schon einige Monate vor den Londoner Stadtteilen. Und obwohl Oberkofler ihre Kunst selbstverständlich in den Metropolen macht (zuletzt Performances in Berlin und New York) und seit über einem Jahrzehnt in Stuttgart lebt, scheint sie doch nie ihr Heimatdorf Jenesien zu verlassen. Die großen Themen bewegt sie immer in Referenz auf den soziokulturellen Mikrokosmos des Bergdorfes ihrer Kindheit. Fest sitzende Erinnerungen und Traditionen werden aufgebrochen und mit dem Jetzt verschränkt. Das Ganze changiert zwischen kindlich naiver Freude und abgründiger Melancholie. Die Bilder, die Oberkofler so freisetzt, brechen sich mit unseren Entfremdungen. Sie selbst spricht von einem Kreislauf zwischen »heimkommen und wieder gehen«. Als Betrachter würde man in eine Falle gehen, wenn man Oberkoflers Tun mit einer rückwärts gewandten Sehnsucht im Sinne von ,zurück zu den Ursprüngen' verwechseln würde. Ihre obsessive Arbeit an ihrer Herkunft, dieses penetrante Mitnehmen-Wollen ihrer Heimat in die Welt und ins Museum bricht sich vielmehr mit dem Gefühl eines Lebens, das einem zwischen den Fingern zu zerrinnen scheint. Für die Dauer der Ausstellung wird die Kunsthalle Ravensburg zum Dorf.
Jörg van den Berg
Brennender Ameisenhaufen, 2010, Filzstift auf Papier, 180 × 240 cm, Sammlung Museum Art.Plus
Fuchs, 2011, Filzstift auf Papier, 180 × 130 cm, Sammlung Museum Art.Plus
la tourterelle, 2012, Videoinstallation, 2:57 Minuten
Die Geranie soll eine wichtige Rolle spielen
Für Avantgarde-Freaks oder auch nur hippe Zeitgenossen muss die Kunst Gabriela Oberkoflers eine beständige Provokation sein. Kindlich anmutende Buntstiftzeichnungen von Tieren, Pflanzen und dörflichen Architekturen, aus Obstkisten oder Altholz gefertigte Skulpturen, Performances mit allerlei Nutztieren, im Dirndl und am Akkordeon, handelnd und/oder jodelnd. Das scheint alles sehr weit weg von dem, was zeitgenössische Kunst auszeichnet. Überhaupt ereignen sich ja die Fortschritte der Kunst in den Metropolen dieser Welt. Neues entsteht im urbanen Raum und sicher nicht in einem kleinen Südtiroler Bergdorf. Aktuelle Kunst hat politisch (im günstigsten Fall: politisch korrekt) zu sein und die großen Themen der aktuellen Krisen zu thematisieren. So entsteht gesellschaftliche Relevanz – oder auch nicht. Bei Gabriela Oberkofler jedenfalls brannten die Ameisenhaufen schon einige Monate vor den Londoner Stadtteilen. Und obwohl Oberkofler ihre Kunst selbstverständlich in den Metropolen macht (zuletzt Performances in Berlin und New York) und seit über einem Jahrzehnt in Stuttgart lebt, scheint sie doch nie ihr Heimatdorf Jenesien zu verlassen. Die großen Themen bewegt sie immer in Referenz auf den soziokulturellen Mikrokosmos des Bergdorfes ihrer Kindheit. Fest sitzende Erinnerungen und Traditionen werden aufgebrochen und mit dem Jetzt verschränkt. Das Ganze changiert zwischen kindlich naiver Freude und abgründiger Melancholie. Die Bilder, die Oberkofler so freisetzt, brechen sich mit unseren Entfremdungen. Sie selbst spricht von einem Kreislauf zwischen »heimkommen und wieder gehen«. Als Betrachter würde man in eine Falle gehen, wenn man Oberkoflers Tun mit einer rückwärts gewandten Sehnsucht im Sinne von ,zurück zu den Ursprüngen' verwechseln würde. Ihre obsessive Arbeit an ihrer Herkunft, dieses penetrante Mitnehmen-Wollen ihrer Heimat in die Welt und ins Museum bricht sich vielmehr mit dem Gefühl eines Lebens, das einem zwischen den Fingern zu zerrinnen scheint. Für die Dauer der Ausstellung wird die Kunsthalle Ravensburg zum Dorf.
Jörg van den Berg
Brennender Ameisenhaufen, 2010, Filzstift auf Papier, 180 × 240 cm, Sammlung Museum Art.Plus
Fuchs, 2011, Filzstift auf Papier, 180 × 130 cm, Sammlung Museum Art.Plus
la tourterelle, 2012, Videoinstallation, 2:57 Minuten