Eine Geranienblüte
Realisierung Kunst am Bau, Südtiroler Siedlung, Kufstein, AT, 2018
Realisierung: Paper Blattmacher, www.atelierblattmacher.de
Die Zeit der sogenannten großen Option (1939 bis 1043) war und ist für die Südtiroler Bevölkerung wahrscheinlich das schwierigste und dunkelste Kapitel ihrer Geschichte. Da sich 80 bis 90 % der Südtiroler für das Auswandern entschieden, zog sich ein tiefer emotionaler Riss durch die Gesellschaft, spaltete Familien und Freundschaften. Die Auswanderer und die Dableiber standen sich mit großem Unverständis gegenüber: Jede Seite hielt die andere für Verräter: die einen verrieten ihre Heimat, die anderen ihre Kultur. Bis 1943 wanderten 75.000 Südtiroler aus und wurden vor allem in Österreich in den sogenannten Südtiroler Siedlungen untergebracht. Eine davon ist Gegenstand dieses aktuellen Kunst am Bau Auftrages in Kufstein.
Die Geranie, die im Volksmund auch als „brennende Lieb“ bezeichnet wird und bis heute viele Höfe und Häuser in Südtirol und Tirol schmückt, wurde sowohl für die Dableiber als auch für die Optanten zum Symbol ihrer jeweiligen Bewegung. Für die Dableiber wurde die Geranie zum Sinnbild ihrer Identität und wurde als Blume des Wiederstandes vor die Fenster gehängt. Für die Optanten wurde die Blume das Symbol der Sehnsucht und ein Bild des Schmerzes und des Verlustes und sollte Trost gegen das Heimweh in der Fremde spenden.
Durch die Platzierung der Geranienblüte auf dem zentralen Platz inmitten der Südtiroler Siedlung kann ein Neuanfang stattfinden ohne dabei das Vergangene auszublenden. Wie selbstverständlich und völlig wertfrei soll sie würdevoll dastehen. Es handelt sich um keine reife Blüte sondern um das Bild einer zarten, bald aufgehenden Knospe, die an einer Stelle schon ein bisschen aufgesprungen ist. Jede Art von Auseinandersetzung und Kommunikation bedarf eines feinfühlenden Gegenübers. Wenn sich die Kommunizierenden mit Respekt und einem Gefühl des Wissens um die Verletzlichkeit des jeweiligen Anderen gegenüber stehen, kann die Auseinandersetzung gelingen und alle Beteiligten bereichern. Die Blüte braucht Zeit und vor allem Wärme, Wasser und Licht. Dann kann sie zu einer ausgereiften Blume werden und Früchte in Form von Samen tragen. Die Geranienblüte steht für mich in diesem Zusammenhang als Sinnbild für Hoffnung, Bereitschaft aller Beteiligten für einen offenen, sensiblen und unvoreingenommenen Dialog und für das Bewusstsein von Zartheit und Verletzlichkeit des jeweiligen Gegenübers.
Eine Geranienblüte
Realisierung Kunst am Bau, Südtiroler Siedlung, Kufstein, AT, 2018
Realisierung: Paper Blattmacher, www.atelierblattmacher.de
Die Zeit der sogenannten großen Option (1939 bis 1043) war und ist für die Südtiroler Bevölkerung wahrscheinlich das schwierigste und dunkelste Kapitel ihrer Geschichte. Da sich 80 bis 90 % der Südtiroler für das Auswandern entschieden, zog sich ein tiefer emotionaler Riss durch die Gesellschaft, spaltete Familien und Freundschaften. Die Auswanderer und die Dableiber standen sich mit großem Unverständis gegenüber: Jede Seite hielt die andere für Verräter: die einen verrieten ihre Heimat, die anderen ihre Kultur. Bis 1943 wanderten 75.000 Südtiroler aus und wurden vor allem in Österreich in den sogenannten Südtiroler Siedlungen untergebracht. Eine davon ist Gegenstand dieses aktuellen Kunst am Bau Auftrages in Kufstein.
Die Geranie, die im Volksmund auch als „brennende Lieb“ bezeichnet wird und bis heute viele Höfe und Häuser in Südtirol und Tirol schmückt, wurde sowohl für die Dableiber als auch für die Optanten zum Symbol ihrer jeweiligen Bewegung. Für die Dableiber wurde die Geranie zum Sinnbild ihrer Identität und wurde als Blume des Wiederstandes vor die Fenster gehängt. Für die Optanten wurde die Blume das Symbol der Sehnsucht und ein Bild des Schmerzes und des Verlustes und sollte Trost gegen das Heimweh in der Fremde spenden.
Durch die Platzierung der Geranienblüte auf dem zentralen Platz inmitten der Südtiroler Siedlung kann ein Neuanfang stattfinden ohne dabei das Vergangene auszublenden. Wie selbstverständlich und völlig wertfrei soll sie würdevoll dastehen. Es handelt sich um keine reife Blüte sondern um das Bild einer zarten, bald aufgehenden Knospe, die an einer Stelle schon ein bisschen aufgesprungen ist. Jede Art von Auseinandersetzung und Kommunikation bedarf eines feinfühlenden Gegenübers. Wenn sich die Kommunizierenden mit Respekt und einem Gefühl des Wissens um die Verletzlichkeit des jeweiligen Anderen gegenüber stehen, kann die Auseinandersetzung gelingen und alle Beteiligten bereichern. Die Blüte braucht Zeit und vor allem Wärme, Wasser und Licht. Dann kann sie zu einer ausgereiften Blume werden und Früchte in Form von Samen tragen. Die Geranienblüte steht für mich in diesem Zusammenhang als Sinnbild für Hoffnung, Bereitschaft aller Beteiligten für einen offenen, sensiblen und unvoreingenommenen Dialog und für das Bewusstsein von Zartheit und Verletzlichkeit des jeweiligen Gegenübers.