Wind zog auf
Wir sind die Bienen des Unsichtbaren
Es ist vor allem die Natur, die Gabriela Oberkofler Stoff für ihre detailreichen Zeichnungen, ihre Objekte, Installationen und Videos bietet. Ein Schaf mit Zaun, ein Pferd, das aus dem Maul blutet, ein halbes Pferd, Rehbeine, Wolf, Katze, Hund. Vögeln gilt ihr Interesse, ebenso all dem, was grünt und blüht und wieder vergeht: ein Trieb, ein Zweig, ein Haufen Samen, ein umgefallener Baum von monströser Gestalt. Geht die Künstlerin ihrer täglichen Atelierarbeit, dem Zeichnen, nach, so stellt sie jedes ihrer Motive innerhalb des Bildgeviertes frei, indem sie einen bemerkenswert großen Anteil des Blattweißes für sich arbeiten lässt. Im Grunde bleibt alles, was Gabriela Oberkofler zeichnet oder auch installativ im Raum präsentiert, ein Fragment. Eine schlüssige Erzählung und jede Form von Idyllisierung bleiben aus. Vielmehr sind es immer wieder Momente des Verlustes, der Gefährdung und der Entfremdung, die in ihren Arbeiten spürbar werden.
Manches Motiv lässt die Südtiroler Herkunft der Künstlerin erahnen, aber wirklich Konkreteres über den Ort, über Tages- und Jahreszeiten ist nicht zu entschlüsseln. Stattdessen bleiben Motive wie das Fenster, die Bank, der Balkon, die Tränke oder die Geranien rätselhafte Embleme, die auf Seiten des Betrachters eine Nervosität des Geistes fordern, der den fehlenden Kontext fantasieren will. Deshalb nur halb (mit Bett), 2016, der Titel einer Installation im so genannten Herrenzimmer der Städtischen Galerie Delmenhorst, Haus Coburg, hat in diesem Sinne programmatischen Charakter (vgl. S. 42).
Insekten schenkt Gabriela Oberkofler von je her besondere Beachtung und damit wendet sie sich im Grunde dem Alltäglichen zu: Insekten sind unsere Balkongäste, sie sitzen auf unserem Kuchenstück, sie wohnen in unseren Schränken, sie schlafen und reisen mit uns und dennoch haben sie ein zweifelhaftes Image. Ihr unstetes Wesen, ihre Zeugungsfreude und ihre unvoreingenommene Teilhabe am Tod – am Zersetzungsprozess alles Lebendigen – erwecken unser Misstrauen.
Annett Reckert
Blätter, 2016, Aquarell auf Papier, 114 × 280 cm, Sammlung Städtische Galerie Delmenhorst
Detail Blätter, 2016, Aquarell auf Papier, 114 × 280 cm, Sammlung Städtische Galerie Delmenhorst
Wind zog auf
Wir sind die Bienen des Unsichtbaren
Es ist vor allem die Natur, die Gabriela Oberkofler Stoff für ihre detailreichen Zeichnungen, ihre Objekte, Installationen und Videos bietet. Ein Schaf mit Zaun, ein Pferd, das aus dem Maul blutet, ein halbes Pferd, Rehbeine, Wolf, Katze, Hund. Vögeln gilt ihr Interesse, ebenso all dem, was grünt und blüht und wieder vergeht: ein Trieb, ein Zweig, ein Haufen Samen, ein umgefallener Baum von monströser Gestalt. Geht die Künstlerin ihrer täglichen Atelierarbeit, dem Zeichnen, nach, so stellt sie jedes ihrer Motive innerhalb des Bildgeviertes frei, indem sie einen bemerkenswert großen Anteil des Blattweißes für sich arbeiten lässt. Im Grunde bleibt alles, was Gabriela Oberkofler zeichnet oder auch installativ im Raum präsentiert, ein Fragment. Eine schlüssige Erzählung und jede Form von Idyllisierung bleiben aus. Vielmehr sind es immer wieder Momente des Verlustes, der Gefährdung und der Entfremdung, die in ihren Arbeiten spürbar werden.
Manches Motiv lässt die Südtiroler Herkunft der Künstlerin erahnen, aber wirklich Konkreteres über den Ort, über Tages- und Jahreszeiten ist nicht zu entschlüsseln. Stattdessen bleiben Motive wie das Fenster, die Bank, der Balkon, die Tränke oder die Geranien rätselhafte Embleme, die auf Seiten des Betrachters eine Nervosität des Geistes fordern, der den fehlenden Kontext fantasieren will. Deshalb nur halb (mit Bett), 2016, der Titel einer Installation im so genannten Herrenzimmer der Städtischen Galerie Delmenhorst, Haus Coburg, hat in diesem Sinne programmatischen Charakter (vgl. S. 42).
Insekten schenkt Gabriela Oberkofler von je her besondere Beachtung und damit wendet sie sich im Grunde dem Alltäglichen zu: Insekten sind unsere Balkongäste, sie sitzen auf unserem Kuchenstück, sie wohnen in unseren Schränken, sie schlafen und reisen mit uns und dennoch haben sie ein zweifelhaftes Image. Ihr unstetes Wesen, ihre Zeugungsfreude und ihre unvoreingenommene Teilhabe am Tod – am Zersetzungsprozess alles Lebendigen – erwecken unser Misstrauen.
Annett Reckert
Blätter, 2016, Aquarell auf Papier, 114 × 280 cm, Sammlung Städtische Galerie Delmenhorst
Detail Blätter, 2016, Aquarell auf Papier, 114 × 280 cm, Sammlung Städtische Galerie Delmenhorst